Von Doppelmoppeln und Unikalen oder Es weihnachtet sehr – ein Geschenktipp
„Wir schenken uns ja nichts!“ Dieser Satz wird in den nächsten Wochen vermutlich häufiger zu hören sein. V.a. in konsumkritischen Kreisen setzt sich verstärkt die Haltung durch, dass es notwendig ist, das zur Präsenteparade verkommene Weihnachtsfest zu boykottieren, indem man den Wahnsinn des Geldausgebens für Geschenke einfach nicht mitmacht. Diese Haltung ist nachvollziehbar, aber allzu häufig wird derjenige, der sich an die oben erwähnte Vereinbarung hält, dadurch überrascht, dass sich sein/e „VertragspartnerIn“ keineswegs so konsequent verhält und eben doch noch ein Geschenk („nur eine Kleinigkeit“) besorgt hat. Dann steht man prinzipientreu, aber peinlich berührt mit leeren Händen da und traut sich nicht, an die Vereinbarung zu erinnern, denn das kleine Präsent ist doch nur gut gemeint und rührend und liebevoll und und und. Für solche unvorgesehenen Situationen in der Weihnachtszeit hat es sich bewährt, immer ein paar Geschenke auf Lager zu haben.
Für alle, die fasziniert sind von den Besonderheiten der deutschen Sprache und natürlich für alle, die sich beruflich mit Sprache beschäftigen (wie z.B. die Auszubildenden für Logopädie an der Schule für Logopädie im Kieler Schloss oder einer anderen Lehranstalt, die sich in den Fächern Linguistik und Phonetik mit den sprachwissenschaftlichen Grundlagen auseinandersetzen) hier zwei Empfehlungen:
von CUS (einige kennen den Autor, der unter diesem Pseudonym schreibt, von seinen ansprchsvollen Kreuzworträtseln im Magazin der Süddeutschen Zeitung) ist 2012 „Das sonderbare Lexikon der deutschen Sprache“ im Heyne Verlag (8,95 Euro) erschienen oder sein Vorgängerwerk „Der Coup, die Kuh und das Q-das erstaunlichste Deutschbuch aller Zeiten“ (2010, ebenfalls bei Heyne und gleicher Preis) räumen sofort mit dem Vorurteil auf, dass die Beschäftigung mit linguistischen Themen langweilig sein könnte. Die beiden Bände sind gespickt mit einer großen Anzahl von verblüffenden Beispielen, die ein sehr buntes, schillerndes Bild unserer Sprache entstehen lassen. Da gibt es z.B. die Sammlung ge- oder misslungener Versuche ungewollte Fremdwörter durch deutschsprachige Wortneuschöfungen zu ersetzen: während „Stelldichein“ für „Rendevous“ Einzug fand in unseren Sprachgebrauch wurde aus dem „Anatom“ nicht der „Entgliederer“ und die „Mumie“ wurde nicht für die „Dörrleiche“ ausgetauscht.
Aber solche Auflistungen sprachlicher Kuriosa dienen nie nur dem Selbstzweck des kurzen Schmunzelns, sondern werden von CUS eingebettet in einen theoretischen Kontext, der auch für Laien verständlich ist und trotzdem für „nicht mehr Laien“ noch eine Menge neuer Facetten offen legt.
Ach übrigens, um zum eigentlichen Anlass zurück zu kommen: Es wird auch die Frage beleuchtet, ob es sich bei „Weihnachten“ um einen Singular oder Plural handelt (Auflösung S.149f. in „Das sonderbare Lexikon…“).
Wie auch immer: mit einem solchen Geschenk in der Hinterhand braucht Ihnen kein überraschendes Beschenkt-werden mehr unangenehm zu sein. (Aber vor dem Verschenken unbedingt selber lesen oder sich selbst damit eine Freude machen!).
Nachtrag: Alternativ zu materiellen Geschenken besteht noch eine andere Möglichkeit seinen Lieben eine Freude zu machen, wie der englische Schriftsteller Julian Barnes in seiner Geschichte „Die Welt des Gärtners“ (zu finden in der Sammlung „Unbefugtes Betreten“) beschreibt: Darin überreicht Ken seiner Frau als Geschenk „eine Karte (…), „auf der „Ich habe alle deine Schuhe geputzt“ stand – und wirklich hatte er alle Wildlederschuhe gegen Regen eingesprüht, ein paar alte, aber immer noch getragene Tennisschuhe geweißt, die Stiefel zu militärischem Glanz aufpoliert und auch ihr übriges Schuhzeug mit Schuhcreme, Bürste, Tüchern, Lappen, körperlichem Muskeleinsatz, Hingabe und Liebe behandelt.“ (S.84)
Also ran an die Lappen und nicht nur den eigenen Stiefel für den morgigen Nikolaus putzen, sondern alle anderen Fußbekleidungen von Mitbewohner aller Art gleich mit.
(Oder doch lieber CUS kaufen!? Aber nein: Wir schenken uns ja nichts… und wieder von vorne – ad libitum)
Herrlich, ich habe laut gelacht…da kam mir einiges bekannt vor. Und Danke für die Empfehlungen!